leiste

1939 - 1945 - Krieg und Stunde Null

Die letzte Hauptversammlung während des Krieges fand am 11.4.1943 statt und war nur schwach besucht. Zu diesem Zeitpunkt waren 82 Mitglieder bei der Wehrmacht. Dennoch wurden alle Beiträge bis dahin pünktlich gezahlt und bis 1944 sind die Beiträge weiter kassiert worden.

Im Oktober 1945 stellte der Vorsitzende Caspar Kühle eine Bilanz vor. Hiernach waren bei Luftangriffen im Oktober 1944 und im Januar 1945 die Schießanlagen und Gebäude auf dem Schützenplatz stark beschädigt und zum Teil völlig vernichtet worden. Was nicht vernichtet war, ist nach und nach gestohlen worden. Der Silberschatz, das Protokollbuch und wichtige Akten waren im Stahlfach der Deutschen Bank Köln-Mülheim deponiert und sind erhalten geblieben. 23 Schützenbrüder waren gefallen bzw. durch Kriegseinwirkungen wie Bomben, Minen und Artilleriebeschuß ums Leben gekommen.

Die erste Vorstandssitzung fand dann am 1.10.1946 statt. Hier beschloß man, die noch brauchbaren Dachziegel und Ziegelsteine, die auf dem Schützenplatz lagen, an die Bevölkerung abzugeben. Die katholische Erzbruderschaft vom hl. Sebastian wurde inzwischen als einziger Schützen-Verband von der britischen Militärregierung anerkannt und Flittard als ehemaliges Mitglied damit ebenfalls. Dadurch war es nun möglich, bei Beerdigungen von Schützenbrüdern in Schützentracht und mit Fahne ein letztes Geleit zu geben.

Ein Bild aus dem Jahre 1946 zeigt, daß die Fronleichnamsprozession zur alten Bayer-Siedlung bereits wieder von Schützen in Schützentracht begleitet wurde, obwohl zu diesem Zeitpunkt Uniformen in der Bevölkerung noch nicht wieder in hohem Ansehen standen. Am 19.1.1947 fand dann, statt einer Feierstunde, im Anschluß an die Sebastianusmesse, die erste Hauptversammlung aller Mitglieder nach dem Kriege statt. Sie wurde von 60 Mitgliedern besucht. Der Vorsitzende Caspar Kühle, der den Verein ja noch aus der Zeit des ,,Dritten Reiches`` als ,,Führer`` leitete, erklärte den Mitgliedern, daß dieses Führerprinzip praktisch nie stattgefunden habe. Alle Beschlüsse waren vom Vorstand gemeinsam getätigt worden und den Mitgliedern zur Kenntnis gebracht worden. Dies wurde auch von den anwesenden Mitgliedern bestätigt. Der Vorstand, der nun ja bereits seit 10 Jahren im Amt war und dringend Neuwahlen vorschlug, erklärte sich auf Bitten von Herrn Pfarrer Rosauer bereit, bis zur Klärung aller schwebenden Fragen im Amt zu bleiben, dann aber Neuwahlen sobald wie möglich vornehmen zu lassen.

Dies geschah auch bei der nächsten Hauptversammlung im Oktober 1947. Hierbei wurden die alten Vorstandsmitglieder fast alle wiedergewählt. Die Posten eines 2. Vorsitzenden und eines 2. Schriftführers wurden vorläufig nicht wieder besetzt.
Am 18. Januar 1948 wurde erstmals das Patronatsfest in feierlichem Rahmen gehalten. Der Schützenkönig wurde mit Musik von seiner Wohnung abgeholt. Kommandant und Adjutant führten den Zug beritten an. Nach der feierlichen Messe war im Saale Zimmer eine Feierstunde mit Konzert und Ehrungen. Abends ging das Fest mit gemütlichem Beisammensein und Tanz zu Ende.

Endlich war es dann so weit. Am 5. und 6. September 1948 wurde das erste Schützenfest nach dem Kriege gefeiert. Den September hatte man mit Rücksicht auf die Währungsreform vom 20. Juli 1948 ausgewählt. Nach Absprache sollte noch kein König ausgeschossen werden. Das Fest wurde daher auch nicht vom amtierenden Schützenkönig ausgerichtet, sondern von der Bruderschaft.

Zu diesem Zeitpunkt war der Gebrauch von Gewehren von der britischen Militärregierung noch verboten. Also bastelten die zwei Schützenbrüder Peter Neschen und Heinrich Roth in ihrer Freizeit je eine Armbrust und das Schießen hiermit gelang zur vollen Zufriedenheit. Eine dieser Armbrüste ist heute noch in unserer Schützenhalle zu sehen.

Das Schützenfest selbst wurde ein voller Erfolg. Es wurde ein Überschuß von ca. 1.100,- DM erwirtschaftet. Von diesem Geld stiftete die Bruderschaft das kleine Fenster im Turm unserer Kirche mit dem Bild des heiligen Michael.

Am 3. Juli 1949 wurde dann das erste Schützenfest mit Königsvogelschießen abgehalten. Schützenkönig Peter Probst war nun seit 10 Jahren im Amt und somit einer der Könige mit der längsten ,,Dienstzeit``. Auch im Jahre 1949 wurde noch mit der Armbrust geschossen. Es ergab sich für die Schützen die Schwierigkeit, dem Gipsvogel die richtige Mischung aus Häcksel (kurz zerschnittenes Heu oder Stroh) und Gips zu geben und auch die Größe so zu bestimmen, daß der Vogel nicht zu schnell fallen würde, andererseits aber auch noch am Montag abgeschossen würde. Dies konnte nur durch vieles Probieren im Vorfeld des Schützenfestes gelingen.

Herr Pfarrer Rosauer schoß beim 3. Versuch die Krone des Vogels ab, und dann begann der Kampf um die Königswürde, an dem 155 Schützen teilnahmen. Am Montag gegen 19.45 Uhr schoß vor einer bis dahin selten gesehenen Menschenmenge Hans Paas den Vogel ab und war somit der erste König der Nachkriegszeit.

Unmittelbar nach diesem Schützenfest wurden wieder Luftgewehre zugelassen. Laut Verordnung durften aber nur Gewehre verwendet werden, deren Durchschlagskraft nur so stark war, daß die Kugel oder der Bolzen auf eine Entfernung von 7 - 10 m noch eine ,,Tonpfeife`` zertrümmern konnte.

Für 1950 wurde beschlossen, den Schützenkönig mit dem Luftgewehr zu ermitteln. Wieder wurde in langen Versuchsreihen ein Gipsvogel konstruiert, der den Erfordernissen der Flittarder Schützen entsprach. Auch hier verfolgte wieder eine große Menschenmenge beim Königsschießen den spannenden Endkampf. Schützenkönig wurde Anton Kuret.
Bei der Hauptversammlung im September 1950 wurde vorgeschlagen, eine neue zweite Fahne anzuschaffen. Hierfür wurde eine Sammlung abgehalten. Es kam ein Betrag von 251,50 DM zusammen. Die Fahne kostete 285,- DM. Das waren noch Zeiten!!!

Gleichzeitig wurde beschlossen, eine neue Jungschützenabteilung einzurichten. Das Alter hierfür wurde auf 16 - 19 Jahre festgesetzt. Diese Jungschützengruppe wurde Anfang des Jahres 1951 ins Leben gerufen und bereits im Mai desselben Jahres konnte der Vorsitzende der Versammlung von Erfolgen bei Schießwettbewerben dieser Gruppe berichten.

Zur Eröffnung des Schützenfestes 1951 erfolgte am Samstagabend erstmals ein Fackelzug durch den Ort, den der Schützenkönig Anton Kuret initiiert hatte. Die Mitgliedsbeiträge lagen zu dieser Zeit bei 6,- DM und bei 3,- DM für Jubilare als Jahresbeitrag und die Verbindlichkeiten gegenüber der Erzbruderschaft und den Versicherungen konnten kaum gedeckt werden. Zur Deckung der fixen Kosten der Bruderschaft wurden von den Vorstandsmitgliedern Spenden gegeben. Auf der Mitgliederversammlung am 3.1.1954 wurde dann durch eine ,,Hutsammlung`` das ,,Niveau`` der Kasse gehoben. In dieser Zeit wurde zum Schützenfest vom jeweiligen Schützenkönig auf dem Schützenplatz ein kleines Zelt errichtet und die Haupttanzveranstaltungen fanden im Saale Flittarder Hof - Zimmer - heute ,,Aldi`` statt, der dann vom jeweiligen Schützenkönig gemietet wurde. Das konnte so bis 1956 gehalten werden. Danach wurde der Zimmersche-Saal in ein Kino umgewandelt und stand den Schützen nicht mehr zur Verfügung.

Im Jahre 1954 feierte die Bruderschaft ihr 360 jähriges Bestehen. Vor dem Fackelzug fand ein Festakt statt, um dem 350 jährigen Jubiläum, welches 1944 gewesen wäre, aber durch den Krieg nicht begangen werden konnte, zu gedenken.

1957 wurde erstmals nur in dem auf dem Schützenplatz errichteten Zelt gefeiert. Der Schützenplatz war dadurch Zentralpunkt des Festes geworden. Die kleine Schützenhalle wurde in den Jahren 1959 - 1961 vergrößert und ausgebaut und konnte 1961 nochmals neu eingeweiht werden. 1965 - 1966 gab es erstmals Probleme. Es konnte nur ein Festzelt ohne Boden mit einer befestigten Tanzfläche, ähnlich wie in Bayern, bezogen werden. Daraufhin wurde im Vorstand überlegt, einen festen Bau zu errichten. Auch in den folgenden Jahren gab es immer wieder einmal Schwierigkeiten ein Festzelt zu dem gewünschten Termin zu mieten, so daß die Überlegungen zu einer festen Schützenhalle immer dringlicher wurden. Auf dem Sebastianus-Fest 1968 wurde der Vorstand von der Versammlung beauftragt, die notwendigen Vorarbeiten zur Errichtung einer solchen Halle in Angriff zu nehmen. Die Halle wurde in einfachster Weise als Zeltersatz geplant um die Finanzierung in Höhe von 120.000,- DM durchziehen und mit einem Darlehen abdecken zu können. Am 10.10.1970 erfolgte die Grundsteinlegung durch den Vorsitzenden Josef Müller, bei der es Freibier, aber vor allem einen Spendenaufruf an alle Schützenbrüder und an die Bevölkerung von Flittard gab.
Zum Schützenfest am 27.6.1971 konnte die Halle dann mit einem Festakt feierlich eingeweiht werden. Dies war nur möglich, weil viele Schützenbrüder Arbeiten wie Ausschachten, Kanallegung, Wasseranschlüsse, Anstriche usw. in uneigennütziger Weise und gänzlich ohne Bezahlung durchführten. Der erste Schützenkönig, der sein Fest in der neuen Halle feierte, war Hans Leitermann. Da es zu dieser Zeit noch keine Küche in der Halle gab, wurde diese provisorisch von einigen Schützenbrüdern angebaut. Das Porzellan und die Bestecke für die Essensausgabe mußten von einem gastronomischen Betrieb geliehen werden. Man kann sagen, daß es für den ausrichtenden Schützenkönig ein turbulentes Fest war. In den nun folgenden Jahren stellte man fest, daß die Schützenhalle doch recht nackt war, und die Mitglieder unserer Bruderschaft begannen mit Ausbauarbeiten.

Obgleich nur die reinen Materialkosten bezahlt wurden, stieg der Schuldenberg der Bruderschaft naturgemäß immer höher. Immer öfter mußte an die Spendenbereitschaft der Mitglieder appelliert werden, und im Volksmund hieß es: für die Bestuhlung der Halle habe jeder Schütze für sich und seine Frau mindestens zwei Stühle erworben.

Zurück zum Jahr 1969. In diesem Jahr wurde das 375-jährige Bestehen der Bruderschaft gefeiert. Der ausrichtende Schützenkönig, Hans Theisen, hatte es verstanden, dem Festzelt durch riesige Blumenkörbe und eine tolle Blumendekoration ein würdiges Aussehen zu verleihen. Der damalige Oberbürgermeister der Stadt Köln, Theo Burauen, hielt eine Festansprache und ließ es sich nicht nehmen, einmal unsere Donnerbüchsen auszuprobieren. Die Bevölkerung des Ortes nahm auch starken Anteil an diesem Fest, u.a. weil die Bruderschaft einen Kindermalwettbewerb der Flittarder Grund- und Hauptschulen über das Schützenfest ausgeschrieben hatte und viele Eltern die Arbeiten ihrer Kinder ansehen wollten. Weiter wurden zu diesem Jubelfest Gedenkmünzen in Gold und Silber geprägt. Eine dieser Silbermünzen wurden vom neuen Schützenkönig Hans Kühle seinem Königsschild beigefügt und ist seit dieser Zeit ein Bestandteil der Königskette. Als Kuriosum zu diesem Fest ist noch zu vermerken, daß durch eine Unachtsamkeit während des Höhenfeuerwerks am Samstagabend der Kugelfang des Hochstandes in Brand geriet und ausbrannte. Einige Schützenbrüder ließen es sich jedoch nicht nehmen, den Kugelfang noch in der gleichen Nacht zu reparieren und am nächsten Morgen war der Schaden zum Jubiläumsfest wieder behoben.

Wie bereits gesagt, wurden die Aufgaben und damit auch die Ausgaben für die Bruderschaft seit dem Bau der Halle immer größer. Die Halle erhielt zunächst eine Heizung. Der Hochstand mußte umfassend renoviert werden. Die Toilettenanlagen wurden neu gestaltet. Die Außentheke wurde erneuert. Die provisorische Küche und der Eßraum wurden ebenfalls grundlegend renoviert. Ein größeres Magazin und ein Raum für die Hochstandschützen wurden errichtet. Dies alles konnte nur erreicht werden, weil sich immer wieder Mitglieder der Bruderschaft bereit fanden, unentgeltlich Arbeiten zu leisten. Das für uns inzwischen zu teuer gewordene Darlehen konnte 1976 umgeschuldet werden und dadurch gab es dann wieder etwas Luft im Tilgungsplan.
Beim Bundeskönigsschießen der historischen deutschen Schützenbruderschaften 1975 in Aachen errang unser Flittarder Schülerprinz Stefan Fuhrmann die Würde des Bundesschülerprinzen. Ein Beweis dafür, daß die Jugendarbeit in Flittard gefördert wurde und wird.

Durch eine bis heute nicht geklärte Ursache geriet Anfang Juni 1980 der Lagerschuppen hinter dem Hochstand in Brand und verursachte beträchtlichen Sachschaden. Trotz diesen Schreckens fand auch in diesem Jahr das Schützenfest in gewohnter Weise statt.

Im Jahre 1971 gründete sich der Stadtverband Kölner Schützen. Eine Vereinigung, der alle Schützenvereine, -Bruderschaften oder -Gilden aus dem Kölner Stadtgebiet beitreten können, mit dem Ziel, die Wünsche der einzelnen Vereine der Stadt Köln in geschlossener Weise nahezubringen. Die Gründungsversammlung fand in unserer Schützenhalle statt. Seither schiessen in jedem Jahr die Schützenkönige der angeschlossenen Schützenvereinigungen auf dem Flittarder Hochstand den Kölner Stadtkönig aus. Im Jahre 1992 gelang es mit Dieter Hilche erstmals einem Flittarder Schützenkönig, die Würde des Stadtkönigs zu erringen.