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Die Satzung von 1845

Die seit 1594, wie durch Schilde bewiesen ist, bestehende,
unter dem Namen: St.Sebastianus Schützenbruderschaft zu
Stammheim und Flittard bekannte Genossenschaft hat es
für dienlich erachtet eine zeitgemäße Erneuerung ihrer
Statuten vorzunehmen und hat in der am 29.Juni c. zu diesem
Ende abgehaltenen General-Versammlung einstimmig beschlossen
wie folgt:

§1
Jeder unbescholtene Bürgersohn, welcher in der Gemeinde
Stammheim und Flittard wohnhaft ist und das 21.Lebendsjahr
erreicht hat, findet Aufnahme. Es soll aber dem Vorstand
nicht benommen sein, auch jüngeren Söhnen ausnahmsweise
bis zum 17.Jahre hinab den Eintritt zu gestatten. Wer
verzieht wird ausgeschlossen bis zu seinem Wiedereinzuge
in die Gemeinde. Ob Fremde (Dienstboten) oder andere
welche in die Gemeinde eingezogen sind, aufgenommen werden
sollen, bleibt dem Vorstand überlassen. Die Aufnahme
geschieht beim Hauptschützenfest gegen Erlegung von 5 Sgr.

§2
Wer sich eines entehrenden Vergehens schuldig macht
oder durch unsittliches Betragen seinen Ruf befleckt soll
durch den Vorstand von der Gesellschaft ausgeschlossen
werden.

§3
Der Vorstand soll aus vier Mitgliedern, wovon zwei in
Stammheim und zwei in Flittard wohnen müssen, bestehen
und derselbe soll sich ein fünftes Mitglied als Rendanten
wählen, welcher am Schlusse jedes Jahres Rechnung abzulegen
hat. Der zeitliche Schützenkönig gehört mit zum Vorstande.
Die Amtsdauer der Vorsteher ist auf zwei Hauptschützenfeste
beschränkt, und bei jedem Hauptfeste sollen der Aelteste
aus Stammheim so wie der aus Flittard durch Wahl nach
einfacher Stimmenmehrheit ersetzt werden. Die Amtsdauer
des Rendanten hat der Vorstand zu bestimmen. Die
silbernen Schilder, Dokumente, die Kasse, kurz alles Eigenthum
der Gesellschaft wird dem jedesmaligen Schützenkönige
gegen solide Bürgschaft anvertraut. Der Schützenkönig
und sein Bürge sind mit ihrem Privat-Vermögen
für das Anvertraute solidarisch verantwortlich. Am ersten
Sonntage nach dem Hauptschützenfest ist der abgehende König
gehalten, alles Schützengut dem neuen Könige im Beisein
des Vorstandes zu übergeben, und ein neues zwei Loth
schweres Gedenkschild von 13 löth. Silber den übrigen
beizufügen.
Die von dem Königl. Kammerherrn unserem
gnädigsten Herrn Franz Egon Grafen von
Fürstenberg - Stammheim der Sebastianus - Bruderschaft
am 14. August 1835 geschenkte Fahne wird, wie es
bei der Schenkung, und von der Bruder-
schaft auch damals angenommen worden, nicht nur
bei jedesmaliger Feier des Schützenfestes, sondern
auch bei allen Kirchenfeierlichkeiten, wo es von
Seiten der Lokal-Geistlichkeit gewünscht wird,
gebraucht, jedesmal aber auf das Schloss Stammheim
zur Aufbewahrung von der Schützenbruderschaft wieder
zurückgebracht.

§4
Das Schützenfest wird jedesmal im Monat August
an einem, vom Vorstand zu bestimmenden
Sonntage gehalten dauert drei Tage. Das
Königsschießen, so wie die Wirthschaft muß jedes-
mal in einem der beiden Dörfer gehalten werden.

§5
Der Schützenkönig darf nur ein Jahr das Fest
aussetzen und muß im 2. dasselbe halten,
wenn nicht ein Unglücksfall, wie Mißwachs etc.
es unräthlich macht, worüber der Vorstand zu
bestimmen hat. Der Schützenkönig ist auch
gehalten, im Herbste oder kommenden Frühjahr
nach dem Schützenfeste zwei Tage Schenk zu
halten, wobei er nach altem Gebrauche
verpflichtet ist, den Mädchen seines Dorfes,
welche ihn gekrönt haben eine halbe Ohm Bier und
freie Tanzmusik zukommen zu lassen. Der
Schützenkönig ist ferner nach alter Sitte
verbunden, am 2ten Tage des Hauptfestes
in Begleitung seiner Königin die Frauen
seines Dorfes mit dem halben Musikchor
aus den Wohnungen ins Zelt zusammen zuführen
und mit ihnen einen anständigen, passenden
Tanz aufzuführen und demnach sie mit den
geeigneten Getränken nach Gebrauch zu
regulieren. Der König hat ferner in
Verein mit dem Vorstande viermal im
Jahre eine Schießübung anzuordnen.

§6
Es ist Hauptpflicht des Vorstandes bei
allen Festlichkeiten Ordnung und
gutes Betragen zu verlangen und
zu erzielen und die Ruhestörer
zu ermahnen oder im Wiederholungsfalle
auszustoßen.

§7
Im Beisein des Vorstandes geschieht das Ziehen
der Schießnummern und wird vom Rechnungsführer
notiert. Für jede Nummer werden 5 Pfennige in die Kasse
erlegt. Das Schießen geschieht mit Scheibenbüchsen,
dessen Rohr nicht über 32 rh. Zoll lang sein darf und
mit einer, 2 loth schweren Kugel. Das
laden der Büchsen geschieht an einer, dazu bestimmten
Stelle unter der Aufsicht des Vorstandes. Eine anderwärts
geladene Büchse soll sofort in die Luft abgeschossen werden.

§8
Der erste Schuß nach dem Königsvogel geschieht
jedesmal von den Herrn Bürgermeister oder einem Stell-
vertreter im Namen Sr. Majestät unseres aller-
gnädigsten Königs. Beim Königsschießen darf
Niemand für einen Anderen schießen, und wer 5 Min.(uten)
nach Abrufung seines Namens nicht erscheint, verliert
diesen Schüß.

§9
Die Mitglieder sind gehalten an den Kirchenfesten
der Seb. Bruderschaft, den h. Hochämtern beizuwohnen.
Ob das Hochamt am Sonntag des Hauptfestes in
Flittard oder Stammheim sein wird, bleibt dem
Herrn Pfarrer allein überlassen. An den beiden
folgenden Tagen ist der Gottesdienst an dem Orte
wo der Vogel aufgestellt ist. Die St.Sebastianus-
Messe wird jedesmal in Stammheim gehalten.
Wenn Sebastianustag ein Samstag ist, so ist die Messe
an demselben, sonst an dem Samstag nachher. Der
Schützenkönig hat diese Messe frühzeitig dem Herrn
Pfarrer zur Verkündigung anzuzeigen. Wer von der
Bruderschaft dieser Messe nicht beiwohnt, hat 1 1/2 Sgr.
Strafe in die Vereinskasse zu geben.

§10
Wenn ein Mitglied stirbt, so sind die im Orte
wohnenden Mitglieder aufgefordert, die Leiche
am Sterbehaus abzuholen, und feierlich zur Gruft
zu begleiten.

§11
Die Festzüge werden von Männern und Jünglingen
freiwillig ausgeführt, wobei die gewählten Offiziere
auf Ordnung und Pünktlichkeit strenge zu sehen haben
und jeder Schütze ist verbunden, ihnen Folge zu
leisten. Die einzige Kleidungs=Auszeichnung besteht
in einer einfachen grünen Mütze.

§12
Zur Deckung der Kosten hat jedes Mitglied
einen festgesetzten Beitrag zu entrichten und
zwar:

Die Junggesellen geben an einem Festtage
3 Sgr, die Männer 1 Sgr10.1, und von Fremden
dürfen 5 Sgr Tanzgeld, für den Tag begehrt
werden
Mitglieder welche sich weigern den Beitrag
zu geben oder bei der festgesetzten Frist
nicht erscheinen um zu zahlen, denen ist
für das Jahr die Teilnahme an den Fest-
lichkeiten untersagt, sollte aber einer
zwei Jahre hintereinander die Einzahlung
verweigern oder versäumen, so kann ein
solcher durch den Vorstand von der Liste
gestrichen und als Schuldner der Gesellschaft
verfolgt werden.

§13
Die Wirt(h)schaft während der Festtage
ist dem jeweiligen Schützenkönig anver-
traut. Derselbe ist verbunden für gute
Speisen und Getränke zu sorgen. Sollten
Klagen dagegen beim Vorstand einkommen
so ist letzterer verbunden den König zur
Verbesserung seiner Wirthschaft anzuhalten.
Auch hat der König den Zeltbau auf
eigene Kosten zu übernehmen und darf
überhaupt keine Entschädigung von der
Gesellschaft verlangen.

§14
Abänderungen und Zusätze, wie Zeit,
Erfahrung und Verhältnisse sie wünschens-
werth nud nöthig machen könnten
werden der Bruderschaft vorbehalten.

§15
Gegenwärtige Statuten sollen
der Königl. Regierung zu Köln zur Genehmigung
vorgelegt, und jedem Mitgliede eingehändigt
werden.

Also berathen und beschlossen
in der General-Versammlung unter dem
Vorsitze des diesmaligen Schützenkönigs am
29 Juni 1845, und vom provisorischen
Vorstande, so wie von allen Mitgliedern unterschrieben

(Unterschriften der Stammheimer Mitglieder)

(Unterschriften Flittarder Mitglieder)

Klein, Pfarrer, mit dem Bemerken, daß die in
§9 angeführte Gottesdienstordnung
nicht eine Norm und Verpflichtung für
den zeitlichen Pfarrer enthält, sondern
für die Mitglieder der Schützenbruderschaft
falls der Gottesdienst in der bezeichneten
Weise gehalten wird.

Gegen die unter dem 1.d.M. eingereichten Statuten
der St.Sebastianus Schützenbruderschaft zu Stammheim u.
Flittard finden wir unter der Vorraussetzung der genauen
Befolgung der allgemeinen polizeilichen Vorschriften nichts
zu erinnern und erhalten Euer Hochwohlgeborene dieselben
anliegend zur weiteren Veranlassung zurück.

Cöln den 6. August 1845
Königliche Regierung Abth. des Inneren
gezeichnet Kloß

An den Königlichen Landrath u. Ritter
Herrn Schnabel Hochwohlgeboren zu Mülheim

In weitere Abschrift an den Vorstand der St.
Sebastianus Bruderschaft zu Stammheim u Flittard
mit Anschluß der Statuten

Dünnwald den 22. August 1845
Der Bürgermeister
gez. Fasßbender

Eine vom Vorstand der Bruderschaft
beglaubigte Abschrift der
Statuten muß zu den ...
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